Montag, 5. Mai 2014

05 Mai – Forscher – Künstler – Richter – Kämpfer

Heute habe ich mich mit Esra getroffen um uns in Neugraben bei Schweinske auszutauschen. Dabei hat uns das Thema von den 4 Rollen im Verlauf des kreativen Schaffens beschäftigt. Also das „Forscher – Künstler – Richter – Kämpfer“ System, dass ich neulich in Lübeck benutzt um Arche Lübeck 2016 Ziele zu entwickeln.

Roger von Oech hat in mehreren Bücher beschrieben, welche Rollen im Verlauf eines kreativen Schaffensprozesses von Personen bzw. Organisationen auszufüllen sind, um erfolgreich Ideen hervorzubringen und umzusetzen.

Er bezieht sich dabei auf das sog. „Prinzip der inneren Instanzen“ und benennt die aufeinander folgenden und erforderlichen Rollen:

  • Der Forscher
  • Der Künstler
  • Der Richter
  • Der Krieger
Alle diese Rollen sind im Verlauf eines innovativen Prozesses auszufüllen. Dies kann von einer einzigen Person geschehen oder im Rahmen einer Unternehmensorganisation von mehreren Personen ausgefüllt werden.

Wesentlich ist die Erkenntnis, wo die persönlichen Stärken und Schwächen liegen und wo bzw. wann die Nutzung unterschiedlicher Werkzeuge hilfreich sein kann.


Was geschieht, wenn eine Rolle in einem kreativen Team schwach besetzt ist?
  • wenn der Forscher seinen Kopf in den Sand steckt, werden wir keine neuen Informationen zur Verfügung haben, die wir verwerten können
  • wenn die Vorstellungskraft unsres Künstlers blockiert ist, werden wir nur eine mittelmäßige Arbeit leisten, der jeder Schwung fehlt
  • wenn das Urteilsvermögens unsres Richters fehlerhaft ist, kann es passieren, dass wir zu etwas „ja“ sagen, das wertlos ist und zu potentiell guten Ideen „nein“ sagen
  • wenn wir einen Schwächling als Krieger haben, werden wir viele unser Ideen nicht in die Tat umsetzen können. 

Ebenso wichtig ist es zu wissen, wann die einzelnen Rollen einzusetzen sind. Das Timing ist daher von großer Bedeutung.

Wenn wir die Rollen zur falschen Zeit aktivieren – indem wir einen Richter dazu verwenden nach Informationen zu forschen oder einen Künstler auffordern Ideen umzusetzen – ist das kontraproduktiv. Es ist daher streng darauf zu achten, welche Denkart die jeweils vorliegende Situation erfordert.

Der Forscher:

Zu Beginn eines kreativen Prozesses benötigen wir das Rohmaterial, aus dem die Ideen gemacht werden: Fakten, Konzepte, Erfahrungen, Wissen, Gefühle und was sie sonst finden können. Wichtig hierbei ist es, sich auch abseits der ausgetretenen Pfade bei der Analyse aufzuhalten.

Ziel
  • Neugier auf Informationen, Erfahrungen, Konzepte, Unbekanntes etc. 
  • offen sein, keine Vorurteile haben, eigene Position hinterfragen 
  • abseits der ausgetretenen Pfade, Routine aufgeben, expect the unexpected 
  • Übersicht gewinnen: wo bin ich? (IST) wohin will ich? (SOLL) welche Wege gibt es? (Alternativen) 

Probleme
  • Bequemlichkeit, gefangen im alten Denken, beharren, Recht haben 
  • Angst oder Desinteresse vor Unbekanntem, möchte Komfortzone/Routine nicht verlassen 
  • Ungeduld, zu wenig Zeit, ungeübt, man hat verlernt Neugierig zu sein 

Methoden / Techniken
  • Sammeln von Infos und Ideen die mit dem Thema zu tun haben (Projektordner, Tagebuch) 
  • Ein Problem von verschieden Blickwinkeln betrachten (Selbstgespräch, Inneres Team, Metaebene) 
  • Fragen stellen, Fragekatalog aufstellen, sich selber Fragen stellen, sich hinterfragen 
  • Modell, Analogie (z.B. Karte, Collage, Zeichnung etc.) des Problems/Themas erstellen 

Der Künstler:

Aus den gesammelten Informationen und Materialien des Forschers gilt es im zweiten Schritt Neues zu gestalten. Hier sind vor allem Abstraktion und Analogien wichtige Hilfsmittel, um eingefahrene Denkmuster verlassen zu können.

Die größte Gefahr darin besteht zu einem Gefangenen des eigenen Vertrauens zu werden. Je öfter man etwas auf eine bestimmte Art und Weise tut oder sieht, desto schwieriger wird es, darüber auf eine andere Art und Weise nachzudenken.

Ziel
  • Kopf abstellen um den Gefühlen, der Phantasie, der Intuition und dem Spirituellen Platz zu machen. 
  • Ideen generieren (Visionen, Einsichten, Lösungen), ohne sie nach Qualität und Realisierbarkeit zu beurteilen. 
  • Spielerischer Umgang mit dem Problem, den Infos und Ideen. Verändern, verformen, kombinieren etc. 
  • Alltag, Routine, Regeln, Glaubenssätze hinterfragen und neu definieren. Weshalb mache ich etwas immer gleich? Weshalb wage ich etwas nicht?

Probleme
  • Angst vor Fehlern, Angst sich lächerlich zu machen, aufzufallen, anders sein 
  • Man begnügt sich oft mit der ersten Antwort, Lösung. 
  • Es ist sehr schwierig aus der Routine auszubrechen. 

Methoden / Techniken
  • Mit den Informationen spielen: verdrehen, verbinden, umkehren, von hinten betrachten, vergleichen 
  • Routine durchbrechen, indem ich etwas mache/denke, dass ich noch nie gemacht/gedacht habe. 
  • Mut zum Anders sein (andere Meinung, andere Kleidung etc.). Was ist mir peinlich und weshalb? 
  • Phantasie anregen: Medium ändern (Zeichnen statt Denken), Was wäre-wenn-Fragen, Metaphern  


Der Richter:

In dieser Phase wird entschieden, was mit einer Idee gemacht werden soll: Wird sie durchgeführt, wird sie verändert oder wird sie gänzlich aufgegeben. Es gilt hier nicht nur herauszufinden, was mit einer Idee nicht stimmt, sondern worauf man bei dieser Idee weiter aufbauen kann. Daraus können sich wiederum neue Vorschläge ergeben.

Aufgrund seiner konstruktiven Einstellung weiß ein guter Richter, dass manchmal ein Nachteil an einer Idee als Sprungbrett zu einem neuen brauchbaren kreativen Einfall dienen kann.

Die Rolle des Richters ist somit eine schwierige: Man muss kritisch genug sein, um sicherzustellen, dass man seinem Krieger eine gute Idee gibt, die es wert ist dafür zu kämpfen. Aber man muss auch offen genug sein, dass man die Phantasie des Künstlers nicht hemmt.

Des Weiteren obliegt es dem Richter den richtigen Zeitpunkt für eine Entscheidung zu wählen.


Ziel
  • Beurteilen können der Ideen nach verschiedene Kriterien (Realisierbarkeit, Zeit, Aufwand)
  • Sich für oder gegen etwas entscheiden können (auch mit dem Risiko, dass ich mich getäuscht habe. Unterlassungssünde ist schlimmer als sich für das falsche entschieden zu haben.)
  • Neutral und offen sein, Gelassenheit, Bescheidenheit, Einfühlsam, Ernsthaftigkeit 
  • Sich auch versteckter, unbewusster, hemmender Gedanken bewusst werden (z.B. Vorurteile) 

Probleme
  • keine klare Beurteilungskriterien haben 
  • sich von Gefühlen oder Glaubenssätzen beeinflussen lassen 
  • überkritisch sein, dauernde und/oder verfrühte Kritik 
  • keine Entscheidungen treffen können (Angst vor Umsetzung, Fehlentscheide) 

Methoden / Techniken
  • Kriterien definieren, nach denen ich meine Ideen beurteilen will. (z.B. Entscheidungsmatrix) 
  • Wie objektiv, neutral bin ich? Habe ich versteckte Kriterien, die mich beeinflussen? (Inneres Gespräch). 
  • Rollenspiele: kann ich auch unpopuläre oder riskante Entscheid machen und sie vertreten? 
  • Biografiearbeit: wo habe ich mich nicht entscheiden können, wo mich richtig oder falsch entschieden? 
  • Sollen - Können - Wollen. SWOT. Passiontest (Bubble Sort) 



Der Krieger:

Die ausgewählte Idee wird nun von der Welt des „Was-Wäre“ in die Welt des Handelns getragen.
Es wird die Verantwortung für die Verwirklichung festgelegt und dadurch der Gewinn/Verlust des
gesamten Prozesses bestimmt.

Die Umsetzung einer Idee hat immer für irgendjemanden oder irgendetwas mit Veränderung zu
tun. Daher ist die sie auch meist das Schwierigste im gesamten Prozess, denn im Leben gibt es
„zwei Grundregeln“:
  1. Veränderung ist unvermeidlich 
  2. Jeder vermeidet Veränderung. 

Die ärgsten Feinde in dieser Phase sind die Furcht und der Mangel an Zutrauen. Der Krieger muss sich daher auf Kämpfe vorbereiten und eine Strategie und einen Plan
zurechtlegen.


Ziel
  • Umsetzen der Ideen. Lösung realisieren (Zeit nehmen, Planen, Strategie, Ziele und Zwischenziele setzen) 
  • Positiver Umgang mit Problemen, mit Kritik, mit Fehlern, mit Angst, mit eigenen und fremden Ausreden 
  • Sich und andere motivieren (Feuer entfachen, sich loben, nicht zu hohe Erwartungen)

Probleme
  • Angst vor Ablehnung, Kritik, Ablehnung, Widerstand, Versagen, vor Fehler, vor Veränderungen 
  • Bequemlichkeit, Prokrastination, fehlende Motivation 
  • Lässt sich ablenken, setzt falsche Prioritäten, Angst etwas zu verpassen 

Methoden / Techniken
  • Kriegsmuskel trainieren, indem ich «kleine Projekte» angehe uns sie umsetze. 
  • Kurz-, Mittel- und langfristige Planung? Was nehme ich mir vor für morgen, nächste Woche, nächstes Jahr? 
  • Zeitmanagement, Projektplanung, Selbst-Motivation, Eisenhower-Prinzip, Pareto

Abschließende Anmerkungen zu den 4 Rollen:

Für einen dynamischen und kreativen Arbeitsverlauf eines Innovationsprojektes ist es von
entscheidender Bedeutung, dass alle vier Rollen gut besetzt sind bzw. wir alle vier Rollen
einnehmen können.

Daher sollten wir uns diese Fragen stellen: welche Konsequenzen kann es haben, wenn wir in einer bestimmten Rolle stecken bleiben: 
  • Wenn wir in der Rolle des Richters stecken bleiben, kommen wir nie dazu, die Informationen, die wir gesammelt haben zu einer neuen Idee zusammen zu fügen
  • Wenn wir in der Rolle des Künstlers stecken bleiben, verbringen wir möglicherweise die ganze Zeit damit, unsere Kreationen immer weiter umzuarbeiten
  • Wenn wir in der Rolle des Richters stecken bleiben, werden wir unsren Künstler hemmen und Ideen solange abwägen, bis der Zeitpunkt für eine rechtzeitige Entscheidung verpasst ist
  • Wenn wir in der Rolle des Kriegers stecken bleiben, werden wir alles gleich in Aktion treten lassen wollen, ohne darauf zu achten, ob die anderen Rollen ihre Arbeit getan haben oder nicht.

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