Sonntag, 4. März 2012

04. März - Predigt über Jona in Heide


Heute morgen habe ich wieder in der baptisten Gemeinde in Heide gepredigt. Dieses Mal über Jona - oder besser gesagt habe mich auf Jona 4 konzentriert.

Hier kannst du die Predigt hören

Das Buch Jona hat für mich zwei große Themen: die Rettung Ninives vor dem drohenden Gericht und die spannende und spannungsreiche Auseinandersetzung des gnädigen Gottes mit dem gesetzlichen, rechthaberischen, selbstgerechten Jona.

Was für ein Kontrast: Während die Heiden in Ninive „mit Mann und Maus“ radikal Buße tun, versinkt der Israelit Jona immer tiefer in Selbstmitleid und Zorn.

Im vierten Kapitel des Jona-Buches versucht Gott den tiefen Fall des Propheten zu
stoppen. Jona wird immer sonderbarer und widersprüchlicher. Sein Ärger schlägt in
einen abgrundtiefen Zorn darüber um, dass der gnädige Gott sich über viele, viele
Tausende verlorene Menschen erbarmt. Es heißt in Vers 1: „Das gefiel Jona gar
nicht und er wurde sehr zornig.“ (Die Gute Nachricht)

Die Parallele zum älteren „Verlorenen Sohn“

Zornig wurde auch der ältere Bruder des „Verlorenen Sohnes“, weil sein Vater bei
Rückkehr des Bruders ein Fest feierte (Lk 15,11ff).

Der ältere Sohn war gerade auf dem Feld. Er wirft dem Vater (= Gott) vor, dass er
sein Leben lang wie ein Sklave für ihn geschuftet hätte und ihm immer gehorsam
war (Lk 15,29). Indirekt beschreibt er hier auch seine Beziehung zum Vater (= zu
Gott).

Bei aller Hingabe lebte er am wirklichen Leben vorbei. Er bemerkte nicht, dass ihm
alles gehörte und dass er sogar selbst hätte Feste feiern können.

Was war sein Problem: Er war ein Sklave. Ein Sklave einer Lebensauffassung/eines „Systems“, das aus Arbeit und Gehorsam bestand.

Der ältere Bruder hatte ein Wertesystem, in dem Gehorsam/korrektes Verhalten
(gegenüber dem Vater), Pflichterfüllung und Arbeit/Leistungsbereitschaft
„automatisch“ vom System her mit Anerkennung belohnt wurde.

Genauso hatten sich Faule und Ungehorsame selbst die negativen Konsequenzen ihres Verhaltens zu zuschreiben. Sie hatten es sich ja selbst „verdient“. In diesem Denken hat Gnade keinen Platz. So wurde der ältere Bruder zornig, als der Vater dieses System für den „Taugenichts“ durchbrach.

Zum „System“ gehört unweigerlich die Haltung der Selbstgerechtigkeit und der
Selbstbezogenheit.

Warum „ticken“ viele Menschen so?

Dieses tiefe Gefühl nicht wirklich wertvoll und wichtig zu sein, kann in der passiven Reaktion zur Selbstablehnung führen oder im aktiven, dass man sich selbst viel zu wichtig nimmt.

Es gibt andere Ursachen. Vielleicht hier kann es daran gelegen haben, dass der ältere, obwohl er der Erstgeborene war, den jüngeren Bruder wegen seiner Lebensfreude verachtet hat.

Menschen sind unterschiedlich. Aus dieser Unterschiedlichkeit kann es zu Vergleichen kommen, bei dem man meistens sich selbst verteidigt und den anderen verurteilt.

Wir sind ABER zu einem Leben aus der Gnade berufen. Wir dürfen bei Gott Kind sein, Fehler machen und uns am Leben und Seiner Liebe freuen.

Jona ist gebunden an sich selbst

Jona „betete“ zu Gott.

Es ist besser mit seinem Zorn zu Gott zu gehen, als ihn ständig bei anderen Menschen abzuladen.

Jona 4,2f
2 … und sprach: Ach, Herr, das ist's ja, was ich dachte, als ich noch in meinem
Lande war, weshalb ich auch eilends nach Tarsis fliehen wollte; denn ich wusste,
dass du gnädig, barmherzig, langmütig und von großer Güte bist und lässt dich des
Übels gereuen. 3 So nimm nun, HERR, meine Seele von mir; denn ich möchte lieber tot sein als
leben.

Achtmal (in anderen Übersetzungen zehnmal) spricht Jona von sich selbst.

Offensichtlich nahm sich auch Jona selbst viel zu wichtig und verlor dabei den Blick
für Tausende Menschen, denen er gerade gepredigt hatte.

• Gibt es auch bei uns Anzeichen, dass wir als Opfer von Ablehnung oder aus
anderen Gründen uns ein „Sklavensystem“ gezimmert haben?

• Könnte es sein, dass auch wir selbst uns viel zu wichtig nehmen und damit
uns selbst und das Leben anderer Menschen unendlich schwer machen?

Aus einem Mitarbeiter wird ein Zuschauer

Jona 4,5 „Jona verließ die Stadt in Richtung Osten. In einiger Entfernung hielt er an und machte sich ein Laubdach. Er setzte sich darunter in den Schatten, um zu sehen,
was mit der Stadt geschehen würde.“

Jona wartet die vierzig Tage in Ninive ab, ob nicht doch das Gericht Gottes eintrifft.

Als nichts dergleichen passiert, zieht er sich im Osten von Ninive auf einen Berghang
zurück, der ihm einen Panoramablick auf die Region bietet. Vielleicht geschieht ja
doch noch die Wende zu „seinen Gunsten“ und Tausende von Menschen werden
von Gott dahin gerafft.

Max Frei, ein Schweizer Chrischona-Gemeindeleiter schrieb dazu: „Anstatt sich mit den bussfertigen Niniviten zu freuen und sie in ihrem jungen Glauben zu unterstützen, schmollt Jona vor sich hin und wird vom Mitarbeiter zum Zuschauer. Ein typisches Verhalten von gesetzlichen Menschen.“

• Wo befinden wir uns? Haben wir z. B. durch irgendeine Lehrfrage die Seite gewechselt und sind vom Mitarbeiter auf die Zuschauerränge geflüchtet?

Heute vor oder bei dem Abendmahl ist Gelegenheit, wo es nötig ist, voreinander sich zu demütigen, Dinge auszusprechen und einander um Vergebung zu bitten.

Anschauungsunterricht für Jona

Gott ließ durch ein Wunder in nur einer Nacht eine Rizinusstaude wachsen. Das war
Teil von Gottes Anschauungsunterricht mit einer Gegenstandslektion. Sie sollte ihm
Schatten geben und seinen Gemütszustand aufhellen.

Jona freute sich riesig. Vielleicht, weil er der irrigen Annahme war, dies war ein
Zeichen, dass Gott mit ihm war.

Aber ganz simpel. Jona freute sich wie ein kleines Kind über den „Wunderbaum“,
weil er seinen eigenen Komfort erhöhte, während ihm das Schicksal von „120.000
Menschen“ offensichtlich völlig egal ist.

Auf wie viele trifft es zu, dass wir uns viel tiefgehender mit unseren Wunderbäumen, unseren Blumen und unseren Häuser, mit unserer Arbeit, unseren Autos und unseren Fernsehern beschäftigen als mit den Millionen unsterblicher Seelen um uns herum, die im Begriff stehen, verloren zu gehen!“

In der nächsten Nacht ließ Gott durch einen Wurm den Schatten spendenden Busch
zerstören. Und noch oben drein, um die fatale Wirkung der Hitze zu verstärken, ließ
Gott einen heißen Ostwind kommen, der Jona gnadenlos auf den Kopf brannte.

In seiner zornigen Grundhaltung wünschte er sich wiederholt den Tod.

Jona hatte längst die Realität aus den Augen verloren.

Gott will Jona mit dieser Gegenstandslektion in die Realität zurückholen.

Gab es ein Happyend?

Positiv ist, dass das Buch Jona mit Gottes Reden aufhört – ohne Widerrede von
Jona. Der Prophet selbst hat damit geantwortet, dass er schonungslos seine
Geschichte aufschrieb. Offensichtlich hatte er Gottes Lektion verstanden.

Schlussgedanken

Wie sieht es bei uns aus? Bestimmt hat sich nicht jeder in „ein System“ geflüchtet.

Bestimmt hat nicht jeder ein Problem mit Zorn. Heute Morgen mag es aber Einzelne
geben, denen Gott durch sein Wort helfen möchte, ihre Situation zu verstehen.

Ich möchte diejenigen, die sich hier wieder erkannt haben, ermutigen, sich jemanden
beim Abendmahl oder nach dem Gottesdienst anzuvertrauen. Das kann ein erster
ganz wichtiger Schritt sein, wieder in Gemeinschaft und ins Leben zurückzukehren.

Vielleicht haben auch einige sich darin erkannt, dass sie ähnlich wie der ältere
„Verlorene Sohn“ ein eher abgekühltes distanziertes Verhältnis zu Gott haben.

Dann nimm die Gelegenheit wahr, bring das zu Gott und lass dich mit Gottes Liebe
und Freude segnen!

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