Freitag, 23. April 2010

23. April - Modell Inneres Team


Thorsten und ich sind heute wieder nach Kiel gefahren um uns in der Seelsorge schulen zu lassen.

Ein Interessant Punkt war die Modell „Inneres Team“ von Friedemann Schulz von Thun.

Sein Buch beschreibt u. a., dass man oft „mehrere Seelen in der Brust“ hat. Sie melden sich (mehr oder weniger vernehmlich) bevor, während und nachdem wir sprechen. Schulz von Thun nennt dies Inneres Team.

Um das Inneren Team besser zu erläutern hat Schulz von Thun die sechs Lehren vom Inneren Team entwickelt.

1. Die Lehre von der inneren Pluralität des Menschen
Im ersten Kapitel wird das Innere Team mit seinen verschiedenen Stimmen, die oft in ganz unterschiedliche Richtungen ziehen, vorgestellt.

2. Die Lehre von der inneren Führung
Anschließend wird dargestellt, dass es, wie in jedem Team, einen Teamchef, auch Oberhaupt genannt, gibt, dessen Aufgabe es ist Synergien zu ermöglichen und innere Konflikte beizulegen.

3. Die Lehre vom „inneren Konfliktmanagement“
Hier wird gezeigt, dass innere Konflikte unumgänglich sind, aber auch wie sie erkannt und gelöst werden können.

4. Die Lehre vom Aufbau der Persönlichkeit
Hier wird die Aufstellung des Teams dargelegt. Es gibt Teammitglieder im Vordergrund, im Hintergrund und auch im Untergrund.

5. Die Lehre von der Variation innerer Aufstellungen
Je nach Situation wird die Aufstellung des Teams variiert.

6. Die Lehre vom Gehalt einer Situation
Zuletzt wird erläutert ob die Teamaufstellung der jeweiligen Situation entspricht.

Schulz von Thun nimmt das Beispiel einer fleißigen Studentin, von der sich ein wenig engagierter Mitstudent eine Mitschrift ausborgen will. Sie möchte nicht Nein sagen und schwankt dadurch emotional zwischen Ärger („Er nutzt dich aus“) und Kollegialität („Man muss sich gegenseitig helfen“). Dadurch entsteht ein innerer Zwiespalt.

In seinem Modell nennt Schulz von Thun solche inneren Anteile „Stimmen“ oder „Mitglieder des Inneren Teams“. Es ist wichtig, jedes Innere Teammitglied zu würdigen, denn „innere Pluralität“ ist menschlich und wertvoll. Doch je nach Ablauf der inneren Diskussionen, je nachdem, wie sich das „innere Betriebsklima“ gestaltet und ob eine gute Gesprächsleitung vorhanden ist, können wir über ein „Inneres Team“ verfügen – oder aber unter einem ewig zerstrittenen Haufen leiden, mit nachteiligen Folgen auch für die Kommunikation nach außen.

Ausdrücklich stellt das innere Teammitglied keine von Neurologen bestätigte Realität dar – es handelt sich um eine Metapher, die sich in der Selbstklärung als nützlich erwiesen hat.

Denn eine Metapher ist eine rhetorische Figur, bei der ein Wort nicht in seiner wörtlichen, sondern in einer übertragenen Bedeutung gebraucht wird, und zwar so, dass zwischen der wörtlich bezeichneten Sache und der übertragen gemeinten eine Beziehung der Ähnlichkeit besteht.

Das innere Teammitglied soll dabei den eindimensionalen Antrieb eines Menschen darstellen. Jedes Teammitglied will aber immer nur das beste für den Teamchef. Es ist weder im Sinne multipler Persönlichkeiten eine wiederum plurale Teilpersönlichkeit, noch ist es mit Gefühlen oder Verhaltensweisen zu verwechseln. Sie sind eine der Wirkungen eines oder mehrerer Teammitglieder, können also nur selten in einen dauerhaften und zwangsläufigen Zusammenhang mit einem Teammitglied gebracht werden.

Teammitglieder unterscheiden sich auf vielfältige Weise – sie sind laut oder leise, melden sich schnell oder langsam, sind dominant im Außenkontakt oder zeigen sich nur nach innen, wo sie als Gedanke, Gefühl, Impuls, Stimmung oder Körpersignal auftreten. Zwischen Teammitgliedern herrscht eine ähnliche Gruppendynamik wie im wirklichen Leben auch. In ihrer Gesamtheit spiegeln sie die Lebenserfahrungen eines Menschen wider, darunter die Meinung von Eltern, Freunden und Lebenspartnern oder die Werte von Gemeinschaften, denen man sich zugehörig fühlt.

Als Teamleiter bezeichnet Schulz von Thun das übergeordnete „Ich“, die zusammenhaltende Instanz, die entweder dem Dialog seiner Teammitglieder passiv folgt oder aber aktiv eingreift, in jedem Fall aber bei außenwirksamen Entscheidungen das letzte Wort hat. Es können viele Aspekte der wirklichen Teamführung auf den inneren Teamleiter übertragen werden.

Steht ein Mensch vor einer schwierigen Entscheidung, führt er mehr oder weniger bewusst eine innere Teamsitzung durch. Durcheinander, uneinheitliche Äußerungen (z. B. ungutes Bauchgefühl gegen rationales Argument) und eine Dominanz der lauten, schnellen und beliebten Teammitglieder prägen in der Realität oft die nicht bewusst kontrollierten Teamsitzungen. Trotzdem gelingt es dem Teamleiter dank seiner Übung, in vielen Fällen eine zufriedenstellende Entscheidung herbeizuführen. Bei besonders schwierigen oder ungewohnten Entscheidungen muss das aber nicht mehr der Fall sein. Dann empfiehlt Schulz von Thun eine Teamsitzung nach den Regeln der Kunst.

Dazu müssen zunächst die Teammitglieder, die sich zu der Frage äußern wollen, identifiziert werden. Oft gelingt das erstaunlich gut, wenn man sich ein wenig Zeit nimmt, in sich hineinzuhören. Anschließend sollte jedes Teammitglied das Recht bekommen, seine Botschaft unkritisiert vorzubringen. Eine freie Diskussion gibt allen die Möglichkeit, gehörig aneinanderzugeraten. Der Teamleiter sollte dabei gut aufpassen, um danach die strittigen Fragen und die Positionen dazu zusammenfassen zu können.

Hierbei ist Führungstalent besonders wichtig – der Teamleiter sollte neutral bleiben und alle Positionen wertschätzen. Auf dieser Basis kann dann auch – wie in wirklichen Teams über einen Kompromiss nachgedacht werden. Zum Abschluss kann man das Ergebnis zusammenfassen und noch einmal die Zustimmung aller Teilnehmer einholen.

Dieses Vorgehen hat mehrere Vorteile. Weil man sich in seiner Pluralität akzeptiert, ist es nicht nötig, wichtige Bedürfnisse zu vernachlässigen, um schnell eine einheitliche Meinung hervorzubringen. Ein authentischeres Ergebnis führt häufig zu höherer Selbstzufriedenheit – und schließlich hilft die Selbstklärung, späteres Unwohlsein in dieser Fragestellung schnell zu verstehen und damit umzugehen.

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