Im Herbst 1959 bezog John Howard Griffin ein Zimmer im Monteleone Hotel in New Orleans. Er nahm Medikamente, die seine Hautfarbe veränderten, setzte sich mehrere Stunden täglich künstlicher Höhensonne aus, rasierte sich den Schädel und verwandelte sich nach und nach in einen Schwarzen. Dann durchkreuzte er sechs Wochen den Süden, fuhr durch Louisiana, Mississippi, Alabama und Georgia - und schrieb auf, was ihm widerfuhr.
Seine Erzählungen von der erniedrigenden Behandlung durch Weiße als "Bürger zehnter Klasse" wurden zuerst in dem Fotojournal Sepia veröffentlicht, einer Publikation, die schwarzen Amerikanern gehörte und für Schwarze publizierte.
Von Griffin selbst bin ich sehr beeindruckt. Es ist erschütternd, was er im Jahr 1960 während seiner einmonatige Reise als "Neger" im tiefen Süden der USA erlebt hat und wie ihn diese Erlebnisse persönlich verändert.
Eines wird hier überdeutlich: Nicht über Hautfarben und Rasse nachzudenken, ist ein Luxus, den nur Weiße haben. Sobald Griffin in die Haut des "Negers" schlüpft, erlebt er eine völlig andere Wirklichkeit:
Er ist den starrenden (meist feindseligen oder zumindest misstrauischen) Blicken Anderer ("hate stares") ausgesetzt, fühlt permanent auch eine physische Bedrohung, ihm ist der Zugang zu Konzertsälen, Bibliotheken, und anderen Formen von Bildung, die Freiheit, seine Notdurft zu verrichten oder z.B. Wasser zu trinken, an den entsprechenden öffentlichen Einrichtungen, verwehrt.
Nie wird er als Mensch, als er selbst, wahrgenommen, sondern immer als das, was Weiße in ihn hineinprojizieren: den potentiellen Kriminellen, Vergewaltiger, Analphabeten oder auch die dauerpotente Sexbestie.
Und Griffin kann nicht anders, als einen Teil dieser Projektionen anzunehmen: Er bewegt sich anders, spricht anders, fühlt sich erdrückt von der Aussichtslosigkeit, die mit der schwarzen Hautfarbe verbunden ist. Und er sieht, wie die schwarzen Menschen um ihn herum diese Zuschreibungen angenommen haben, wie sie geduckt werden, z.T. ihre eigene Hautfarbe hassen, alles gäben, um weiß oder zumindest von Weißen anerkannt zu sein.
Die Reaktion in seiner Heimatstadt Mansfield war heftig - seine Familie erhielt Todesdrohungen er wurde öffentlich als "Verräter der weißen Rasse" geschmäht. Griffin, um die Sicherheit seiner Familie fürchtend, zog nach Mexiko, wo er die Erzählungen zu einem Buch mit dem Titel „Black like me“ zusammenfasste.
Die weiße Kritik lobte beim Erscheinen 1961 das Buch, es kletterte in der Folge in die Bestsellerliste. Die schwarzen Kritiker waren deutlich zurückhaltender. Griffin jedenfalls wurde durch das Buch zu einem gefragten Schriftsteller und Lesereisenden.
Die Auflage des Buches liegt bei 10 Millionen, es wurde in vierzehn Sprachen übersetzt, und 1964 mit James Whitmore in der Hauptrolle verfilmt. In Amerika ist es seit seiner Veröffentlichung Teil des Lehrplanes an vielen High Schools und Universitäten.
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