Freitag, 16. April 2010

16. April - Flug BA 009 und die Aschewolke


Ruhig schwebte die Boeing 747-200 der British Airways in 12.000 Meter Höhe über dem Indischen Ozean, die meisten der 263 Passagiere schliefen. Flug BA 009 von Kuala Lumpur nach Perth schien ein Nachtflug zu sein wie jeder andere. Doch gegen 20.40 Uhr begann der Alptraum.

Die Piloten im Cockpit beobachten ein seltsames Phänomen: Ein Funkenregen prasselte an die Scheiben, fast so wie von einem Schweißgerät. Gleichzeitig breitete sich in der Kabine immer dichterer Rauch aus, stechender Geruch lag über den Sitzreihen. Draußen glühten die Tragflächen in einem unheimlichen weißen Licht, es wirkte für die Besatzung so, als werde das Flugzeug von einer riesigen Taschenlampe beleuchtet. Nach zwei Minuten versagte eines der Triebwerke, innerhalb einer weiteren Minute setzten nacheinander alle drei verbliebenen Motoren aus. Das Undenkbare war eingetreten an diesem 24. Juni 1982 - ein Jumbo-Jet in Reiseflughöhe wurde zum riesigen Segelflugzeug.

Die verzweifelten Versuche der Piloten, die Düsen wieder flott zu bekommen, blieben zunächst erfolglos. Keiner an Bord wusste zu diesem Zeitpunkt, dass das Flugzeug unbemerkt in die Aschewolken des indonesischen Vulkans Mount Galunggung geflogen war, die sich seit dem Ausbruch auf West-Java mehrere Tage zuvor bis in Höhen von über 12.000 Metern verteilt hatte.

Einige Tage später kam es deshalb zu einem ganz ähnlichen Vorfall mit einer Boeing 747 der Singapore Airlines. Und auch in den Folgejahren wurden keine ernsthaften Lehren daraus gezogen, wie sich am 15. Dezember 1989 zeigte: Damals fielen bei einer werksneuen Boeing 747-400 der KLM im Anflug auf Anchorage in Alaska wiederum alle vier Triebwerke aus.

Erst nach acht Minuten und 3700 Meter Höhenverlust gelang der Neustart. Die Maschine war in Aschewolken des erst wenige Stunden zuvor ausgebrochenen Vulkans Mount Redoubt geraten, die sich auch im Tageslicht für die Piloten nicht von normalen Wasserdampfwolken unterschieden.

Die anfälligsten Teile bei einer Begegnung zwischen Flugzeug und Vulkanasche sind die Triebwerke. Asche besteht aus Silizium und schmilzt bei den Temperaturen, die in den Brennkammern einer Turbine herrschen. Im hinteren Teil des Triebwerks kühlen die Aschepartikel wieder ab. Eine glasartige Schicht legt sich auf Turbinenblätter und -wände, der Motor bleibt stehen.

Es kommt zum berüchtigten "Stall" - der Luftstrom wird unterbrochen. "Asche ruiniert alle beweglichen Teile des Motors", sagte Robert Machol. In jeder der vier Triebwerke des KLM-Jumbos fanden sich später etwa 80 Kilogramm Aschereste. Machols Rat an die Piloten lautete daher: "Schub auf Leerlauf und durch sofortigen Sinkflug die Wolke verlassen."

Außerdem wirkt Vulkanasche wie ein Schleifmittel, die Partikel sind härter als der Stahl eines Taschenmessers. Auch die Kanten von Tragflächen, Höhen - und Seitenleitwerk sowie die Lackierung sind wie durch Sandpapier aufgeraut, was den Auftrieb reduziert und das Flugzeug schwerer kontrollierbar macht. Die Asche setzt sich in Klimaanlagen, Frachträumen und Kabinen fest, ruiniert Elektronik, Geschwindigkeitsmessung und Eiswarnung.

Die Schadenssummen sind entsprechend: Über 80 Millionen US-Dollar und drei Monate Zeit kostete es 1989, den KLM-Jumbo in Alaska wieder flugtauglich zu machen. Die damals geforderte Schaffung eines weltweiten Warnsystems ist nie umgesetzt worden und Besatzungen bis heute oft ahnungslos, aber die derzeit weiträumigeren Luftraumsperrungen nach dem Vulkanausbruch auf Island werden mit genau dieser Gefahr begründet.

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