Freitag, 26. Februar 2010

26. Feb - Riesen-Eisberge und Polynjas


Ein Eisberg in der Größe von Saarland also ca. 2.500 km² ist in der Antarktis gegen einen Gletscher am 12. oder 13. Februar geprallt und hat dort einen weiteren riesigen Eisberg von der Gletscherzunge des Mertz-Gletschers abgespalten. Beide trieben nun nebeneinander von der Antarktis weg, erklärte der australische Glaziologe Neal Young vom Antarctic Climate and Ecosystems Research Centre in Tasmanien am Freitag.

Der Mertz-Gletscher ragt südlich von Australien in der Antarktis ins Meer. Immer wieder lösen sich Eisblöcke von der Gletscherzunge ab und treiben von der Küste weg. "Die Eiszunge war schon fast abgebrochen", erklärt der französische Experte Benoit Legresy, der den Mertz-Gletscher seit zehn Jahren mit Forschern aus Australien vor Ort und auf Satellitenbilder beobachtet.

Die Kollision der Gletscherzunge mit dem ungefähr gleich großen Eisberg B-9B war wahrscheinlich der auslösende Moment für den Abbruch - das so genannte Kalben des Gletschers und es habe sich der 400 Meter dicke, 78 Kilometer lange und etwa halb so breite Eis-Koloss schließlich gelöst "Die Eiszunge war fast ganz gebrochen und hing wie ein lockerer Zahn am Gletscher", meint der französische Glaziologe Benoit Legresy.

Die Gletscher-Forscher gehen davon aus, dass die Eis-Kolosse eine bislang eisfreie Zone in der Nähe blockieren könnten. Diese großen Öffnungen im Meereseis, die von Geologen als Polynjas bezeichnet werden, sind in den Ozeanen maßgeblich an der Bildung von sehr kaltem, salzreichem Wasser beteiligt, das wegen seiner großen Dichte tief hinabsinkt.

Die Umwälzung gigantischer Wassermassen in den Ozeanen beeinflusst auch das Weltklima und das Wetter. Das kalte Tiefenwasser verteilt sich auf die verschiedenen großen Ozean-Bassins der Erde - wie etwa dem Pazifik oder dem Indik und bleibt in Tiefen von 2.500 bis 5.000 Meter. Der Eisberg könnte jene Region stören, in der ein Viertel des gesamten kalten, dichten antarktischen Bodenwassers (AABW) der Erde produziert wird.

Sollten die Eisberge ostwärts treiben und hängenbleiben oder nach Norden in wärmere Klimazonen schwimmen, wäre ihr Einfluss wohl gering. "Aber wenn sie in der Gegend bleiben, was wahrscheinlich ist, könnten sie die Entstehung des dichten Wassers blockieren, indem sie praktisch einen Deckel auf die Polynja setzen", sagt der Glaziologe Legresy.

Als Polynja bezeichnet man eine große Öffnung im arktischen oderantarktischen Meereis, die eine Fläche von mehreren Tausend Quadratkilometern erreichen kann. Der Begriff leitet sich vom Wort полынья ab, das in der russischen Sprache eisfreie Flächen auf beliebigen ansonsten zugefrorenen Gewässern bezeichnet.

Polynjas haben einen beträchtlichen Anteil an der Bildung von kaltem, dichtem antarktischem Bodenwasser (AABW), das sich in alle Ozeane als unterste Wasserschicht verteilt. Durch die Abkühlung des Wassers und die ständige Bildung von Meereis – aus welchem Salz abgeschieden wird, denn es besteht aus Süßwasser – entsteht ein sehr kaltes, salzreiches und somit dichtes Wasser, das in große Tiefen absinkt.

In Polynjas ist häufig das Phänomen des „Arktischen Seerauches“ zu beobachten, der vom offenen Wasser in die viel kältere Umgebungsluft aufsteigt. Dies ist ein Zeichen dafür, dass vom Meer viel Wärme in die Atmosphäre abgegeben wird.

Zusätzlich zur Bildung von Tiefenwasser haben Polynjas große Bedeutung für die in der Antarktis bzw. Arktis vorkommenden Lebewesen. Löcher im Eis sind essenziell für Säugetiere wie Robben und Wale, die Luft zum Atmen benötigen. Außerdem können hier mikroskopisch kleine Algen (Phytoplankton) besser wachsen als unter dem Eis, da im polaren Sommer mehr Licht vorhanden ist. Von Phytoplankton ernähren sich kleine Krebse, die wiederum die Hauptnahrung für Wale und andere Tiere darstellen.

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