Mittwoch, 17. März 2010

17. März - Quäkertum


Habe gestern zum ersten Mal seit dem ich in den Staaten war mit einer Quäker gesprochen.

Die Geschichte des Quäkertums lässt sich grob in drei Phasen einteilen. Die erste Phase (1650 bis zirka 1690) war stark durch Verfolgung, aber auch durch starke Missionsarbeit geprägt. In dieser frühen Phase breitete sich das Quäkertum in England und den späteren USA aus. Die zweite Phase (zirka 1690 bis zweite Hälfte 18. Jahrhundert) war geprägt durch den inneren Rückzug, Separation, Stagnation und Erstarrung, aber auch durch den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufstieg. Die dritte Phase (ab der zweiten Hälfte 18. Jahrhundert bis heute) ist diejenige, die bis heute das Bild von den Quäkern prägt: Der friedliche aber radikale Kampf vieler Quäker für Gerechtigkeit an Frauen, Sklaven und Gefangenen; der Einsatz für Frieden und die Linderung von Hunger und Ausbeutung.

Die Geschichte der Quäker beginnt im England des 17. Jahrhunderts. Ursprünglich hatten diese sich selbst nicht als Glaubensgemeinschaft verstanden und waren eine lose Gruppierung. Der Name Quäker (englisch:to quake „beben, zittern“) resultiert aus einer abfälligen Bezeichnung ihrer Gegner, weil die Quäker bei ihrem ersten Auftreten mit Zittern und Entzücken von der Größe und dem Glanz des göttlichen Lichtes redeten, von welchem sie überschüttet würden.

Auch nach Ende der Verfolgungen blieben öffentliche Ämter, politische Mandate und Universitäten noch lange Zeit für Quäker verschlossen – unter anderem, weil sie den Amtseid ablehnten. Viele der Anhänger wanderten deshalb aus, vor allem nach Nordamerika und Westindien oder nach Holland und Friesland.

Eine bekannte und für das Quäkertum prägende Persönlichkeit war der Engländer William Penn. Er wurde 1681 Gouverneur von Pennsylvania und ist untrennbar mit der US-amerikanischen (Quäker-)Geschichte verbunden.

Nach Abklingen der Verfolgung in England zu Anfang des 18. Jahrhunderts wurden Quäker auf wirtschaftlichem Gebiet erfolgreich. Das lag nicht zuletzt auch daran, dass sie durch das „Zeugnis der Integrität“ (Testimony of Integrity) als ehrliche Geschäftspartner einen guten Ruf genossen. Einige Firmen sind immer noch tätig und bekannt, etwa Clarks (Schuhe), Barclays (Bank) und Cadbury (Schokolade, Lebensmittel).

Mit dem beginnenden wirtschaftlichen Erfolg und der gesellschaftlichen Integration gegen Ende des 17. Jahrhunderts endeten die bis dahin regen Missions-Reisen und -Aktivitäten. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts kam es zu einer (inneren) Erstarrung.
Das karitative Bild des unermüdlich um Gerechtigkeit kämpfenden Quäker, entstand erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als vor allem US-Amerikanische Quäker aber auch Briten begannen sich aktiv in der Sklaven-Frage zu betätigen und um Frauen-Rechte zu kämpfen.

Von Anfang an haben Quäker sich nicht über ein Glaubensbekenntnis definiert, sondern über ihre Lebensweise. Sie soll Ausdruck ihrer Überzeugungen sein und im Einklang stehen mit dem, was sie glauben und lehren. Die frühen Quäker verstanden ihre Gemeinschaft als sichtbares Zeichen des Reiches Gottes und glaubten, dass es schon zu Lebzeiten möglich sei, auf vollkommene Weise zu leben. Von daher ist die Ausrichtung der Quäker auf des Diesseits zu verstehen.

Dass die Quaker nicht ihren Hut zur Begrüssung zogen, keine Verbeugung, keine Ehrentitel verwendeten, ist zum einen ein Zeugnis für Einfachheit und Ablehnung von Dekadenz, anderseits könnte es auch damit begründet werden, dass kein Unterschied im Ansehen der Person gemacht wird.

Heute kann man drei Hauptströmungen unterteilen: Evangelikal, Konservativ und Liberal. Diese Gruppen haben zum Teil erhebliche Unterschiede in den Ansichten. Hier eine tabellarische Übersicht über einige Unterschiede:


Heutige Hauptströmungen des Quäkertums

Evangelikal

Konservativ

Liberal

Bibel und Spirituelle Erfahrung sind gleichrangig.

Spirituelle Erfahrung ist wichtiger als die Bibel.

Spirituelle Erfahrung ist am wichtigsten.

Definiert sich durch Glauben

Definiert sich durch Glauben und Form

Definiert sich durch Methoden/Form

Versteht sich primär als Christen

Versteht sich primär als Quäker

Versteht sich primär als Quäker

Christlich

Christo-zentrisch'

Christlich, Post-Christlich, und Nontheistisch

Biblische Heilsgeschichte gilt als komplett und unumstösslich wahr.

Biblische Heilsgeschichte gilt als komplett und unumstösslich wahr.

Individuelle Entscheidung; in Teilen richtig; oder als Metapher zu verstehen.

Es gibt im Gottesdienst eine Liturgie oder Programm

Keine Liturgie oder Programm

Keine Liturgie oder Programm

Es gibt ein personelles Pastoren-Amt zur Leitung der Gemeinde

Priestertum Aller mit unsichtbarer Führung(durch den Heiligen Geist)

Priestertum Aller mit unsichtbarer Führung(durch den Heiligen Geist)

Christliche Mission wird als Pflicht verstanden.

Begrenzte Öffentlichkeitsarbeit wird als Pflicht verstanden

Öffentlichkeitsarbeit wird als verzichtbar erachtet.

Traditionelle christliche Einstellung zur Sexualmoral.

Teils traditionelle, teils liberale Ansichten zur Sexualmoral.

Liberale Ansichten zur Sexualmoral.

Auf Grund des breiten Spektrums an theologischen Auffassungen ist es schwer, Allgemeingültiges über das Quäkertum auszusagen. Der kleinste gemeinsame Nenner dürfe das sein, was als Quäkerzeugnisse bezeichnet wird. Das "Historische Friedenszeugnis" ist das einzige, was davon auch schriftlich fixiert wurde. Als weitere Zeugnisse sind unter Quäkern allgemein anerkannt, das "Zeugnis der Einfachheit", das der Gleichheit und das der Wahrhaftigkeit.


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