Sonntag, 14. März 2010

14. März - Konflikteskalation nach Glasl


Unsere Seelsorgeschulung ging heute weiter mit dem Thema Konflikt uund wir haben uns mit dem Konflikteskalation nach Friedrich Glasl beschäftigt.

Glasl stellt ein Modell zur Verfügung, um Konflikte besser analysieren und während ihres Verlaufes besser reagieren zu können. Das Modell hat neun Stufen, welche sich in drei Ebenen mit jeweils drei Abstufungen teilen.

Glasl stellt "die Eskalation in seinem neunstufigen Modell nicht als einen Anstieg zu immer höheren Eskalationsstufen dar, sondern als einen Abstieg zu immer tieferen, primitiveren und unmenschlicheren Formen der Auseinandersetzung....(die) mit einer zwingenden Kraft in Regionen führt, die grosse, 'unmenschliche Energien' aufrufen, die sich jedoch auf die Dauer der menschlichen Steuerung und Beherrschung entziehen."

In der ersten Ebene können beide Konfliktparteien noch gewinnen (Win-Win). In der zweiten Ebene verliert eine Partei, während die andere gewinnt (Win-Lose) und in der dritten Ebene verlieren beide Parteien (Lose-Lose).



Interessanterweise kann man die unterschiedlichsten Konflikte damit analysieren: Scheidungen, Konflikte zwischen Kollegen oder Schülern und auch Konflikte zwischen Staaten.

1. Ebene (Win-Win)

  • Stufe 1 – Verhärtung
    Konflikte beginnen mit Spannungen, z. B. gelegentliches Aufeinanderprallen von Meinungen. Es ist alltäglich und wird nicht als Beginn eines Konflikts wahrgenommen. Wenn daraus doch ein Konflikt entsteht, werden die Meinungen fundamentaler. Der Konflikt könnte tiefere Ursachen haben.

  • Stufe 2 – Debatte
    Ab hier überlegen sich die Konfliktpartner Strategien, um den Anderen von ihren Argumenten zu überzeugen. Meinungsverschiedenheiten führen zu einem Streit. Man will den Anderen unter Druck setzen.

  • Stufe 3 – Taten statt Worte
    Die Konfliktpartner erhöhen den Druck auf den jeweils Anderen, um sich oder die eigene Meinung durchzusetzen. Gespräche werden z. B. abgebrochen. Es findet keine Kommunikation mehr statt und der Konflikt verschärft sich schneller.

2. Ebene (Win-Lose)
  • Stufe 4 – Koalitionen
    Der Konflikt verschärft sich dadurch, dass man Sympathisanten für seine Sache sucht. Da man sich im Recht glaubt, kann man den Gegner denunzieren. Es geht nicht mehr um die Sache, sondern darum, den Konflikt zu gewinnen, damit der Gegner verliert.

  • Stufe 5 – Gesichtsverlust
    Der Gegner soll in seiner Identität vernichtet werden durch alle möglichen Unterstellungen oder ähnliches. Hier ist der Vertrauensverlust vollständig. Gesichtsverlust bedeutet in diesem Sinne Verlust der moralischen Glaubwürdigkeit.

  • Stufe 6 – Drohstrategien
    Mit Drohungen versuchen die Konfliktparteien, die Situation absolut zu kontrollieren. Sie soll die eigene Macht veranschaulichen. Man droht z. B. mit einer Forderung (10 Mio. Euro), die durch eine Sanktion („Sonst sprenge ich Ihr Hauptgebäude in die Luft!“) verschärft und durch das Sanktionspotenzial (Sprengstoff zeigen) untermauert wird. Hier entscheiden die Proportionen über die Glaubwürdigkeit der Drohung.

3. Ebene (Lose-Lose)
  • Stufe 7 – Begrenzte Vernichtung
    Hier soll dem Gegner mit allen Tricks empfindlich geschadet werden. Der Gegner wird nicht mehr als Mensch wahrgenommen. Ab hier wird ein begrenzter eigener Schaden schon als Gewinn angesehen, sollte der des Gegners größer sein.

  • Stufe 8 – Zersplitterung
    Der Gegner soll mit Vernichtungsaktionen zerstört werden.

  • Stufe 9 – Gemeinsam in den Abgrund
    Ab hier kalkuliert man die eigene Vernichtung mit ein, um den Gegner zu besiegen.
Deeskalations- und Konfliktlösungsstrategien

Das Modell beschreibt, wie sich zwei Konfliktparteien verhalten. Glasl weist den verschiedenen Eskalationsstufen jedoch folgende Strategiemodelle zur Deeskalation zu:

  • Stufe 1–3: Moderation
  • Stufe 3–5: Prozessbegleitung
  • Stufe 4–6: sozio-therapeutische Prozessbegleitung
  • Stufe 5–7: Vermittlung / Mediation
  • Stufe 6–8: Schiedsverfahren / Gerichtliches Verfahren
  • Stufe 7–9: Machteingriff
Die Fähigkeit zum weltbild- und wertfreiem Erkennen und Eliminieren von konfliktnährenden Kräften zum Zwecke einer Konfliktdeeskalation bietet insbesondere Führungskräften, Beratern und Sozialarbeitern große Vorteile.


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