Mittwoch, 26. Februar 2014

26 Feb – Warum ich nicht mehr glaube


Da ich über DREI Stunden im Wartezimmer wegen Melina in Hamburg gewartet habe, schaffte ich das Buch „Warum ich nicht mehr Glaube – Wenn junge Erwachsene den Glauben verlieren“ durchzulesen. Das Buch ist mehr einen Diplomarbeit als einen Buch – dennoch für Pastoren, Jugendleiter und leitende Mitarbeiter in der Gemeine empfehlenswert.

Es gab negative Auswirkungen des Glaubens sowie keine Auswirkung des Glaubens wie auch die Erkenntnis der Zufälligkeit.

Ich fasse hier zusammen, was mir dabei wichtig geworden ist.

Es gibt sehr viele Gründe warum Menschen dekonversieren – also ihren Glauben verlieren. Es gibt Zweifel an der Lehre, Probleme mit der Bibel und der neue Atheismus (Populär gemacht durch Bücher von Richard Dawkins, Bertrand Russel und Christopher Hitchens. Es gab natürlich auch negative Erfahrungen mit Christen sowie mit der Gemeinde/Kirche. Die zwei wichtigen Triebfedern von Mündigkeit und Emanzipation wurde auch oft genannt - also man wächst praktisch aus dem kindlichen Glauben des Elternhaus heraus.

Wiederum haben Menschen fehlendes Gefühl oder keine Erlebnisse genannt wie auch der Diskrepanz zwischen Glaube und Leben.

Sehr selten haben die Menschen andere Glaubensentwürfe genannt, also eine Bekehrung zu einer neuen Religion. D.h. es ist nicht das Ersetzen von einem Glaubenssystem mit einem neuen, sondern das Ablegen von einem christlichen Codex und Verhaltensregeln.

Dabei spielten die Moral, das Intellekt, Fragen der eigene Identität, Enttäuschungen und Verletzungen eine wichtige Rolle.





Am Ende des Buches stehen einige Aspekte des gesunden Glaubens die ich für besonders wichtig halte bei diesem Thema von Dekonversion
  • Ein gesunder Glaube weiß, dass jeder Mensch, bei aller Sündhaftigkeit und bei allem gefallen Sein, im Ebenbild Gottes erschaffen ist und deshalb unabhängig seiner Herkunft, seines Standes oder seiner sexuellen Orientierung wertvoll ist und vor Gott ist.

  • Ein gesunder Glaube weiß, dass das eigene Gottesbild auch von der eigene Sozialisation und Erfahrung geprägt ist und sich deshalb in der Beziehung zu Gott, den Menschen und sich selbst weiterentwickeln darf.

  • Ein gesunder Glaube wirkt nicht kompensatorisch. D.h. er dient nicht dazu, Defizite in der eigene Persönlichkeitsentwicklung zuzudecken. Ein Mensch mit einem mündigen Glauben befindet sich in einer Entwicklung, in der er immer weniger, darauf angewiesen ist, sich selbst und andere etwas vorzumachen.

  • Ein gesunder Glaube lässt sich nicht in ein starres und festes Regelwerk pressen, sondern braucht Freiheit, sich zu entfalten.

  • Ein gesunder Glaube zeigt sich nicht durch menschliche Stärke oder Erfolg, sondern auch durch die eigene Schwachheit.

  • Ein gesunder Glaube zeigt sich in einem Prozess des Versöhnung, der durch die Kraft von Kreuz und Auferstehung ein ganzes Leben lang dauert und alle Ebenen des menschlichen Lebens und Zusammenlebens umfasst.

  • Ein gesunder Glaube fördert das eigenständige und kritische Denken. Er hilft somit dabei, die eigenen Positionen sowie die Position der Gemeinde zu überprüfen. So entsteht ein Prüf- und Aneignungsprozess, der sich gegen blinden Gehorsam und geistliche Vereinnahmung wehrt und dabei gleichzeitig die eigene Glaubensentwicklung fördert.

  • Ein gesunder Glaube hat Raum für Reflexionen und Zweifel; sie gehören im Aneignungsprozess dazu, sind normal und kein Zeichen von Unglauben oder gar Sünde.

  • Ein gesunder Glaube ist somit ein dynamisches Geschehen, bei dem Gott in seiner Liebe an Menschen handelt und dabei Fragen und Zweifel aushält.

Hier sind zehn hilfreiche Fragen zum Thema
  1. Wie können wir mehr ins Gespräch kommen mit Menschen über das Thema Dekonversion – also wo schaffen wir vertrauensstiftende Räume, offene Kommunikation und eine einladende Kultur

  2. Wie gehen wir mit den betroffenen Menschen um – begegnen wir sie mit Respekt und Liebe?

  3. Nehmen wir unsere Verantwortung gegenüber den Betroffenen ernst – damit ist nicht nur gemeint sie „zurück“ zu bekehren.

  4. Bringen wie Zweifelenden ehrliches Interesse an ihrer Person, ihre Geschichte und ihre Erfahrungen entgegen – also sind wir vorurteilsfrei und können sie stehen lassen?

  5. Wie bieten wir Mentoring und Begleitung für junge Erwachsene in ihren Umbruchs- und Reifungsphasen und dabei die Synergie Effekte der verschiedene Generationen nutzen

  6. Sind wir sensibel für ungesunde Machtstrukturen und negativen Dynamiken in unserer Gemeinden – gibt es also Freiräume wo offen und angstfrei darüber gesprochen werden kann

  7. Wie können wir in unsere Gemeinden eine Theologie fördern indem die Eigenständigkeit, Selbstverantwortung nicht begrenzt wird, sondern die Vielfalt von Kulturen und Denkens.

  8. Wie kann dafür gesorgt werden, dass gerade junge Leute Jesus auf gesunde Art und Weise folgen, ohne sich dabei selbst zu verlieren oder problematische Persönlichkeitszüge zu kompensieren – das betrifft Verkündigung, Seelsorge, Jugendarbeit, usw.

  9. Gibt es in unsere Gemeinde Raum und Sensibilität für das Thema Missbrauch, insbesondere geistlicher Missbrauch – gibt es Angebote zur Prävention und wo nötig zur Aufarbeitung?

  10. Können wir sehen, das Zweifel integraler Bestandteil des Glaubens und somit eine Ressource sind – fördern wir eine Kultur indem Fragen und Zweifel geäußert werden darf? Haben wir den Mut zu unsere Nicht-Wissen zu stehen bzw. können wir es aushalten dass es auf manche Fragen vielleicht keine oder zumindest keine einfachen Antworten gibt?


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