Ich höre zurzeit die neuste Biographie von Dietrich Bonhoeffer: Pastor, Martyr, Prophet, Spy auf Englisch und dabei habe ich sehr viel über die Bekennende Kirche gehört.
Die Bekennende Kirche (BK) war eine Oppositionsbewegung evangelischer Christen gegen Versuche einer Gleichschaltung von Lehre und Organisation der Deutschen Evangelischen Kirche (DEK) in der Zeit des Nationalsozialismus. Solche Versuche unternahmen bis 1934 die „Deutschen Christen“, dann staatlich eingesetzte Kirchenausschüsse und teilweise direkte Staatskommissare, die die Kirchenvertreter absetzten.
Die BK reagierte darauf mit einer Abgrenzung ihrer Lehre, Organisation und Ausbildung, später auch mit politischen Protesten. Sie beanspruchte seit ihrer Gründung im Mai 1934, die einzige rechtmäßige Kirche zu sein, und schuf sich mit einem kirchlichen „Notrecht“ seit Oktober 1934 eigene Leitungs- und Verwaltungsstrukturen (Kirchenkampf).
Ihre Pastoren blieben aber in vielen Landeskirchen offizielle Beamte der DEK. Eine einheitliche Opposition gegen das NS-Regime bildete die BK nicht.
Als Reaktion auf die Übernahme des staatlichen Arierparagraphen, mit dem getaufte Juden als „Nichtarier“ aus der Evangelischen Kirche ausgeschlossen werden sollten, gründeten einige Berliner Pfarrer, darunter Martin Niemöller und Dietrich Bonhoeffer, im September 1933 den Pfarrernotbund. Dieser erklärte die Unvereinbarkeit des kirchlichen Arierparagraphen mit dem christlichen Glaubensbekenntnis und organisierte Hilfe für die Betroffenen.
Damit wurde er mit anderen Gruppen wie der Jungreformatorischen Bewegung zu einem Vorläufer der Bekennenden Kirche. Diese gründete sich auf der ersten Bekenntnissynode vom 29. bis zum 31. Mai 1934 in Wuppertal-Barmen und verabschiedete dort die „Barmer Theologische Erklärung“ als ihr theologisches Fundament. Die Erklärung stellte Jesus Christus als einzigen Glaubensgrund der Kirche gegen fremde Kriterien und Instanzen und wies damit auch den Totalitätsanspruch des Staates und die Vereinnahmung des Evangeliums für sachfremde politische Zwecke zurück. Diese Auseinandersetzung um den wahren Glauben innerhalb der Kirche und um sein Verhältnis zur Staatspolitik im „Dritten Reich“ bezeichnet man als Kirchenkampf.
Nach dieser Synode bildeten sich viele sogenannte Bekenntnisgemeinden. Sie lehnten die offizielle Kirchenleitung ab und wandten sich damit auch gegen den nationalsozialistischen Staat, dem gemäß These 5 der Barmer Erklärung der Anspruch bestritten wurde, „die einzige und totale Ordnung menschlichen Lebens [zu] werden und also auch die Bestimmung der Kirche [zu] erfüllen“. Dieser Widerstand war aber zunächst kaum oder gar nicht politisch begründet, sondern richtete sich gegen die von den Deutschen Christen beherrschten Kirchenleitungen.
Auf der zweiten Reichsbekenntnissynode, am 19. und 20. Oktober 1934 in Berlin-Dahlem, verabschiedete die Bekenntnissynode das „Dahlemer Notrecht“ und proklamierte den Reichsbruderrat als legitime Leitung der Kirche, während den offiziellen Kirchenbehörden keine Autorität mehr zuzuerkennen sei. Auf Betreiben der intakten Kirchen wurde ihm im November eine Vorläufige Kirchenleitung an die Seite gestellt, die bis Februar 1936 im Amt blieb.
Die theologische Rechtfertigung war dabei zwischen den reformierten bzw. unierten Christen einerseits und den lutherischen andererseits zwar sehr ähnlich, aber nicht in allen Details deckungsgleich. Für die Lutheraner war sie der in der evangelisch-lutherischen Kirche fest geschriebene Bekenntnisstand oder Bekenntnisnotstand (status confessionis), der gegeben ist, wenn die Kirchenoberen sich vom lutherischen Bekenntnis – festgehalten im Augsburger Bekenntnis – entfernen. Das sahen die lutherischen Synodalen als gegeben in der Theologie der Deutschen Christen von den „Schöpfungsordnungen“, zu denen diese Volkstum, Rasse und Staat zählten.
Der Anspruch der oppositionellen Pfarrer wurde im Reich auf einigen sogenannten „Bekenntnistagen“ verkündet. Allein in Frankfurt am Main nahmen 12.000 Personen an dem Bekenntnistag teil, auf dem der Ende Oktober 1934 gebildete Landesbruderrat den Anspruch erhob, die rechtmäßige Leitung der Kirche Nassau-Hessen zu sein; 140 Pfarrer der Landeskirche kündigten ihrem nationalsozialistischen Bischof den Gehorsam auf. Ende September 1934 hatten sich von den insgesamt 800 Geistlichen der Landeskirche Nassau-Hessen 361 amtierende und weitere 90 noch nicht ordinierte Vikare, also mehr als die Hälfte, der Bekennenden Kirche angeschlossen.
Innerhalb der Evangelischen Kirche gab es Gemeinden und Pfarrer, die der Bekennenden Kirche angehörten, und es gab Abspaltungen von Teilen der Gemeinden, wo sich der Pfarrer und Teile der Gemeinde den Deutschen Christen zugewandt hatten, andere Teile mit angehenden Pfarrern (Vikare und damals noch so genannte Hilfsprediger) aber illegal und neben den kirchlichen Strukturen eigene unbezahlte beziehungsweise nur durch Spenden bezahlte Prediger und Gottesdienststätten unterhielten (Notkirchen in Gaststätten, und als das verboten wurde, in Fabrikhallen und Schuppen). Die evangelische Kirche hat diese Dienstverhältnisse nach der Zeit des Nationalsozialismus nur teilweise legalisiert: Die Dienstzeit wurde angerechnet, Gehalt aber nicht nachgezahlt.
Ende 1935 verteilte Elisabeth Schmitz ihre Denkschrift Zur Lage der deutschen Nichtarier über die alltägliche Verfolgung der Juden im NS-Staat an 200 Mitglieder der Bekennenden Kirche, darunter Karl Barth, Dietrich Bonhoeffer und Helmut Gollwitzer. Sie appellierte, aus Sicherheitsgründen anonym, ohne Erfolg an die verantwortlichen Kräfte der Bekennenden Kirche, den Verfolgten Beistand zu leisten.
Vom 18. bis 22. Februar 1936 fand die nächste Bekenntnissynode in Bad Oeynhausen statt, auf der die zweite Vorläufige Kirchenleitung gewählt wurde. Inzwischen hatte sich die Bekennende Kirche aber in zwei Flügel geteilt, den gemäßigten, der eine Zusammenarbeit mit dem im September 1935 ernannten neuen „Reichsminister für die kirchlichen Angelegenheiten“ Hanns Kerrl in dem neuen Reichskirchenausschuss befürwortete, und den radikalen Flügel, der dies ablehnte.
Eine Denkschrift der Bekennenden Kirche an Hitler im Mai 1936, welche weit über kirchenpolitische Fragen hinausging und so beispielsweise Konzentrationslager verurteilte, führte zu massenhaften Verhaftungen und Verfolgungen von Geistlichen.
Nach anfänglichen Erfolgen wurde die Bekennende Kirche etwa ab 1937 zunehmend verfolgt, hielt aber an ihrer eigenen Organisation fest und setzte sich mit dem Büro Grüber seit 1938 auch für verfolgte Juden ein. Dennoch war sie entgegen der Selbstdarstellung vieler ihrer Mitglieder nach 1945 keine Opposition zum Nationalsozialismus als solchem. Durch den Alliierten Kontrollrat wurde die Bekennende Kirche jedoch als „aktive antifaschistische Widerstandsbewegung“ anerkannt.
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