Donnerstag, 2. Januar 2014

02 Jan - Kirchenasyl

Wir als CZI beschäftigen uns sehr stark mit dem Thema Kirchenasyl. Mona und ich gehören zum Unterstützerkreis bei uns in der Gemeinde und heute Abend war einen weitere Info-Abend zum Thema.

ich habe die tolle Seite www.kirchenasyl.de gefunden und mich sehr gut informiert. Hier das wichtigste für mich




Was ist »Kirchenasyl«?
»Kirchenasyl« ist die zeitlich befristete Aufnahme von Flüchtlingen ohne legalen Aufenthaltsstatus, denen bei Abschiebung in ihr Herkunftsland Folter und Tod drohen oder für die mit einer Abschiebung nicht hinnehmbare soziale, inhumane Härten verbunden wären. Während des »Kirchenasyls« werden alle in Betracht zu ziehenden rechtlichen, sozialen und humanitären Gesichtspunkte geprüft. In vielen Fällen gelingt es nachzuweisen, dass Entscheidungen von Behörden überprüfungsbedürftig sind und ein neues Asylverfahren erfolgversprechend ist.

Was wird von der Gemeinde erwartet?
Sie stellt den Raum (Wohnen, Kochen, sanitäre Einrichtung) sowie die notwendigen Mittel zum Überleben (Nahrung, evtl. Kleidung) zur Verfügung und mobilisiert einen UnterstützerInnen-Kreis, der den Kirchenvorstand und die kirchlichen MitarbeiterInnen entlastet und den betroffenen Flüchtlingen im Alltag zur Seite steht. Die Gemeinde erleichtert den Flüchtlingen den Aufenthalt, wenn sie sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeiten für sie findet. Ein »Kirchenasyl« wird aus Spendengeldern finanziert. Diese Spenden werden durch die Gemeinde aufgebracht.

Wie lange dauert ein »Kirchenasyl«?
Die Gemeinde muss sich darauf einstellen, dass ein »Kirchenasyl« nicht in wenigen Tagen beendet ist. Es kann einige Wochen, aber auch viele Monate dauern. Gut ist es deshalb, sich zeitliche Überprüfungsrahmen zu setzen, s.u.

Wird ein »Kirchenasyl« öffentlich gemacht?
Ein öffentlich gemachtes »Kirchenasyl« wird in der Regel den Schutz der Betroffenen vor staatlichem Zugriff verstärken und darüber hinaus Mängel im Asylverfahren und Asylrecht verdeutlichen. Deshalb ist es wichtig, mit dem »Kirchenasyl« an die Öffentlichkeit zu gehen. Im Einzelfall aber kann es sinnvoll sein, sich für ein »stilles Kirchenasyl« zu entscheiden, dass erst nach Beendigung mediale Aufmerksamkeit erlangt. In jedem Fall aber ist ein »Kirchenasyl«, ob öffentlich oder »still«, den Behörden bekannt zu machen.

Ist das »Kirchenasyl« eine erfolgversprechende Aktion?
Erhebungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche aus den Jahren 1996 und 2001 haben gezeigt, dass in über 75 % der »Kirchenasyl«-Fälle eine Lösung gefunden wurde, die Flüchtlinge vor menschenrechtswidrigen Härten und Gefahr für Leib und Leben bewahrte.

Aus welcher Tradition kommt das »Kirchenasyl«?
Aus griechischen und hebräischen Wurzeln gespeist, wurde diese Tradition im Mittelalter ausgebildet: »Die Kirche hat hier zunächst einmal bestimmte Personen geschützt, die sonst in der damaligen Welt außerordentlich benachteiligt waren und am Rande der Rechtsordnung standen« (Peter Landau). Der kirchliche, sakrale Raum wurde so für Menschen zu einem Raum, der für die weltliche Gewalt als unantastbar galt. In der katholischen Tradition wurden und werden kirchliche Räume geweiht und sind damit etwas Besonderes. Bereits im Jahr 399 betonen die afrikanischen Bischöfe insbesondere die Verpflichtung der Kirche, für Asylsuchende einzutreten und ihnen in ihren »heiligen Räumen« Schutz zu gewähren.

Hat das »Kirchenasyl« rechtliche Konsequenzen für die Gemeinden?
»Kirchenasyl« setzt keine anderen Rechtsnormen als die in der Verfassung und im internationalen Recht geltenden. Aber es unterstellt, dass auch staatliches Handeln im Einzelfall fundamentale Rechtsnormen übersehen oder gar missachten kann. Anträge auf Anerkennung als Flüchtlinge, auf Abschiebungsschutz oder auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen (§ 25 Abs. 4 oder 5 AufenthG) sowie Härtefallersuchen oder Petitionen können zurückgewiesen worden sein, obwohl die Sachlage einen Schutz vor der zwangsweisen Rückkehr in den Herkunftsstaat zwingend gebietet. So kann das Gewissen von Christen in Widerspruch zu staatlichen Regelungen und Maßnahmen geraten und zu Verstößen gegen gesetzliche Bestimmungen führen. Deshalb müssen die für die Kirchengemeinde handelnden Personen bereit sein, die volle Verantwortung zu tragen. Ermittlungsverfahren sind bislang in aller Regel eingestellt worden; vereinzelt wurden allerdings Strafgelder verhängt.

Was ist Dublin II?
Eingeführt wurde die so genannte Dublin II-Verordnung im Jahr 2003. Unterzeichner dieses Übereinkommens sind sämtliche Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sowie die Nicht-Mitglieder Norwegen, Schweiz und Island. Die Dublin II-Verordnung legt fest, welcher Staat für die Prüfung eines Asylantrages zuständig ist. Eine inhaltliche Prüfung der Asylgründe findet im Dublin II-Verfahren nicht statt. Hintergrund für die Einführung von Dublin II war einerseits die Idee, dass jede Person nur einmal einen Asylantrag in den genannten Staaten stellen kann. Anderseits war geplant, dass sich im Gegenzug auch die Kriterien zur Prüfung von Asylanträgen und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende harmonisieren. Dies ist allerdings bis zum heutigen Tage nicht eingetreten, wie erschreckende Berichte aus Italien, Malta, Ungarn oder Griechenland belegen.

Warum Kirchenasyl in diesen Fällen?

Ein Kirchenasyl kann hilfreich sein, um Flüchtlinge vor der Abschiebung in dysfunktionale Asylsysteme, Armut und Obdachlosigkeit zu schützen (wie etwa nach Ungarn, Italien oder Malta). In der Dublin II-Verordnung ist vorgesehen, dass derjenige Staat, der einen anderen Staat um die Rücknahme eines Asylsuchenden anfragt, nach der Zustimmung des angefragten Staates höchstens sechs Monate Zeit hat, um die Abschiebung dorthin durchzuführen. Im Anschluss wird der um Rücknahme ersuchende Staat (also im Regelfall Deutschland) für die Prüfung des Asylantrages zuständig. Die hat zur Folge, dass die Fluchtgründe auch dann erst inhaltlich gewürdigt werden. Um diese Frist zu „überbrücken“, ohne dass Menschen in die Illegalität abtauchen müssen, kann ein Kirchenasyl unterstützend wirksam sein.

Soweit die Theorie. Die Praxis zeigt allerdings, dass die Behörden die Sechs-Monats-frist in Kirchenasylfällen oftmals auf 18 Monate erhöhen. Laut Dublin II-Verordnung ist dies möglich, wenn der/die Antragstellende „flüchtig“ ist. Ob sich die Rechtsauffassung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge diesbezüglich durchsetzen wird, bleibt allerdings fraglich. Denn „flüchtig“ ist der/die Asylsuchende ja nur dann, wenn die Behörden keine Kenntnis über seinen Aufenthaltsort haben. Sind die Behörden allerdings jederzeit über den Aufenthaltsort informiert, ist der/die Antragstellende logischerweise auch nicht „flüchtig“.

Ob diese nahe liegende Argumentation auch von den Verwaltungsgerichten aufgegriffen wird, bleibt abzuwarten. Es empfiehlt sich aber in jedem Fall, dass die betreffende Gemeinde unverzüglich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die zuständige Ausländerbehörde über den (neuen) Aufenthaltsort informiert. Im Idealfall wird dies mit sofortigem Fax und anschließendem Einschreiben an beide Behörden mitgeteilt.


Was es für ein Kirchenasyl bedarf
  • Eines mehrheitlichen Kirchenvorstands/Gemeindeleitungsbeschluss
  • Einer Kontaktaufnahme zu Anwält/innen und kirchlichen Beratungsstellen o. ä. Geeigneter Räumlichkeiten auf dem Kirchengelände
  • Einer umgehenden Informationsweitergabe an die Behörden (BAMF, Ausländerbehörde, aber auch kircheninterne Information)
  • Einer Gewährleistung der Versorgung der Betroffenen (Nahrung, Kleidung, medizinische Versorgung, eventuelle Sprachschulung etc.)
  • Einer Entscheidung, ob stilles oder öffentliches Kirchenasyl („still“ meint unter Ausschluss der Medien und der Presse zum Schutz der Betroffenen)
Bedingungen für ein »Kirchenasyl«
Bevor eine Kirchengemeinde jemandem »Kirchenasyl« anbietet, sollte geklärt sein:
  • Es droht unmittelbar eine Abschiebung, d.h. es gibt keine Duldung oder Aufenthaltsgenehmigung mehr.
  • Nach Prüfung des Falles besteht gerechtfertigte Befürchtung, dass bei Abschiebung Gefahr für Leib und Leben, Menschenrechtsverletzungen oder andere unzumutbare Härten (z. B. Abschiebung Kranker) riskiert werden.
  • Es werden Chancen gesehen für eine Lösung, die Abschiebung vermeidet (z.B. bleiben rechtliche Verfahren, Härtefallanträge, Petitionen, Weiterwanderung, begleitete Rückkehr u. a.).
  • Die Flüchtlinge sind bereit, die eingeschränkten Lebensbedingungen während des »Kirchenasyls« auf sich zu nehmen und nach Ende des »Kirchenasyls« die kirchlichen Räume umgehend zu verlassen.
  • Nach Beratung durch Fachleute (z.B. hauptamtliche Flüchtlingsberater, Rechtsanwälte, Behördenvertreter, ÄrztInnen) gibt es einen offiziellen Beschluss des Kirchenvorstands/ Kirchenkreisvorstands/ Vorstands der Einrichtung, den namentlich aufgeführten Flüchtlingen »Kirchenasyl« zu gewähren.
Unterbringung
Die Gemeinde klärt die Unterbringungsmöglichkeit in der Kirche oder dem Gemeindezentrum oder in sonstigen zur Gemeinde gehörenden Räumlichkeiten. Die Gemeinde ist der Schutz und bietet den Schutzort.

Materielle Ressourcen
Mittel für die Unterkunft, Lebenshaltung und rechtliche Unterstützung müssen bereitgestellt bzw. bei anderen Gemeinden und dem lokalen Arbeitskreis Asyl in der Kirche eingeworben werden.

Krankenbehandlung
Meist bestehen keine Ansprüche auf Krankenbehandlung. Erfahrungsgemäß finden sich Ärzte in der Gemeinde oder anderweitig bekannte Ärzte zu Behandlungen ohne Krankenschein bereit. Beratungsstellen oder lokale »Büros für medizinische Flüchtlingshilfe« können gegebenenfalls helfen.

Kinderbetreuung
Kinder haben das Recht auf Schule. Wenn möglich, sollten sie ihre bisherige Schule weiter besuchen. Andernfalls sollte versucht werden, in den dem »Kirchenasyl« benachbarten Schulen einen Schulbesuch zu organisieren. Kleinere Kinder können eventuell in kirchlichen Kinderbetreuungseinrichtungen aufgenommen werden. Gerade für Kinder kann der Aufenthalt im Kirchenasyl sonst problematisch werden.

Rechtliche Begleitung
Die schutzsuchenden Flüchtlinge brauchen eine anwaltliche Vertretung, die auf Asyl- und Ausländerrecht spezialisiert ist und bereit ist, mit der Gemeinde zusammenzuarbeiten. Wichtig sind vertrauenswürdige Dolmetscher/innen. Hier ist auf geschlechtsspezifische Verfolgungsgründe zu achten (Frauen für Frauen). Der Dialog zwischen Kirchengemeinde und Behörden sollte möglichst nicht abreißen: Das Ziel, die Abschiebung zu verhindern, kann nur mit, nicht gegen die Behörden erreicht werden. Diese sind entsprechend und rechtzeitig über neue Entwicklungen zu informieren.

UnterstützerInnenkreis
Zur Aufarbeitung des Falles und zur Begleitung der Betroffenen wird ein UnterstützerInnenkreis benötigt, der sich kontinuierlich trifft. Vorteilhaft ist eine Absprache über Aufgabenverteilung und die Benennung eines SprecherInnen-Teams. Ein Leitungskreis aus Mitgliedern des rechtlichen Trägers, des UnterstützerInnenkreises und der o.g. Fachleute aus der Flüchtlingsberatung sollte sich regelmäßig über das Vorgehen abstimmen. Der UnterstützerInnenkreis sollte beachten, dass die Flüchtlinge so viel wie möglich selbst tun. Überversorgung, Überbehütung und Entmündigung verschlechtern ihre Lebenssituation.

Gemeindeleben
Eine feste und regelmäßige Form von Gottesdiensten/Andachten hilft, bei der Gewährung eines »Kirchenasyls« Kraft und Hoffnung zu schöpfen und Spiritualität einzuüben. Gemeindeglieder können für unterschiedlichste Beteiligungsformen gewonnen werden, von der Kaffeespende über Hausaufgabenhilfe bis zur Podiumsdiskussion. Wichtig sind Zwischenberichte an die Gemeinde, an Nachbargemeinden, Netzwerke und die kirchlichen Leitungsgremien.

Dauer
Der Beschluss zum »Kirchenasyl« sollte auch beinhalten, wie lange »Kirchenasyl« angeboten werden soll (entweder als Datum oder als Abschluss eines Verfahrens). Mit Ablauf dieser Frist kann gegebenenfalls noch einmal beraten werden, ob das »Kirchenasyl« fortgesetzt oder beendet werden soll.

Beendigung des »Kirchenasyls«
Bei positivem Verlauf (Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder Duldung oder sogar Anerkennung als Flüchtling) gehen die Flüchtlinge in Wohnraum oder öffentliche Unterkünfte zurück. Wird keine Aufhebung der Abschiebungsandrohung erreicht, müssen die Flüchtlinge eigene Entscheidungen treffen (Verlassen der kirchlichen Obhut, Zurückkehren ins Herkunftsland). Die »Asyl« bietende Kirchengemeinde ist dann aus ihrer unmittelbaren Verantwortung entlassen. Vielfach gibt es aber auch Beispiele von Gemeinden, die die Menschen auf ihrem Weg weiter unterstützt haben.

Nachbereitung
Wie auch immer die Aufnahme von Flüchtlingen ins »Kirchenasyl« ausgegangen ist, die Gemeinde sollte sich mit dem Ergebnis befassen, um positive Impulse für das gesamte Gemeindeleben bewusst zu machen und negative Erfahrungen aufzuarbeiten. Die Gemeinde sollte auch klären, ob eine ähnliche Aktion wiederholt werden kann oder ob die Kräfte erschöpft sind.

Leitgedanken des »Kirchenasyls«
Kirchenasylgemeinden treten für Menschen ein, denen durch eine Abschiebung Gefahren für Leib, Leben und Freiheit drohen, oder für die mit einer Abschiebung nicht hinnehmbare soziale, inhumane Härten verbunden sind.


Zugleich setzen sie sich damit für das grundgesetzlich verankerte Recht auf Schutz ihrer Menschenwürde, ihrer Freiheit und ihrer körperlichen Unversehrtheit ein.

»Kirchenasyl« ist letzter, legitimer Versuch (ultima ratio) einer Gemeinde, Flüchtlingen durch zeitlich befristete Schutzgewährung beizustehen, um auf eine erneute, sorgfältige Überprüfung ihres staatlich garantierten Schutzanspruches hinzuwirken.

Das »Kirchenasyl« steht in einer jahrhundertealten Schutztradition, aus der heraus sie sich in den letzten Jahrzehnten zu einer Institution entwickelt hat, die dann eingreift, wenn Abschiebung in Gefahrensituationen droht. Dieses zugegeben kleine Schutzelement hat bereits mehreren hundert Menschen das Leben gerettet, innerhalb der verfassten Kirche Anstöße gegeben und Stellungnahmen herausgefordert. Viele Gemeinden haben in der Flüchtlingssolidarität Stärkung erfahren.


Informationen entnommen von www.kirchenasyl.de 

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