Montag, 7. Juli 2014

07 Juli - Sinus-Milieus


Arno Backhaus hat am Samstag über verschiedene soziale Sichten gesprochen und deshalb habe ich mich ausführlicher informiert über den sogenannten Sinus-Milieus. Die Sinus-Milieus gruppieren Menschen, die sich in ihrer Lebensauffassung und Lebensweise ähneln. Grundlegende Wertorientierungen gehen dabei ebenso in die Analyse ein wie Alltagseinstellungen zur Arbeit, zur Familie, zur Freizeit, zu Geld und Konsum. Sie rücken also den Menschen und das gesamte Bezugssystem seiner Lebenswelt ganzheitlich ins Blickfeld. Und sie bieten deshalb dem Marketing mehr Informationen und bessere Entscheidungshilfen als herkömmliche Zielgruppenansätze.

Die Definition der Sinus-Milieus geht aus von der Lebenswelt und dem Lebensstil der Menschen – und nicht von formalen demografischen Kriterien wie Schulbildung, Beruf oder Einkommen. Grundlegende Wertorientierungen gehen dabei ebenso in die Analyse ein wie Alltagseinstellungen (zur Arbeit, zur Familie, zur Freizeit, zum Konsum). Die Sinus-Milieus fassen also Menschen zusammen, die sich in Lebensauffassung und Lebensweise ähneln. Man könnte die Milieus als »Gruppen Gleichgesinnter« bezeichnen.

Das Zielgruppenmodell von Sinus orientiert sich deshalb an der Lebensweltanalyse unserer Gesellschaft. Zentrales Ergebnis dieser Forschung ist die Abgrenzung und Beschreibung von sozialen Milieus mit jeweils charakteristischen Einstellungen und Lebensorientierungen. Die Sinus-Milieus fassen Menschen zusammen, die sich in Lebensauffassung und Lebensweise ähneln, d. h. ähnliche Wertprioritäten, soziale Lagen und Lebensstile haben.

Diese Überlappungspotentiale sowie die Position der Sinus-Milieus in der deutschen Gesellschaft nach sozialer Lage und Grundorientierung lassen sich anhand der folgenden Grafik veranschaulichen: Je höher das entsprechende Milieu in dieser Grafik angesiedelt ist, desto gehobener sind Bildung, Einkommen und Berufsgruppe; je weiter es sich nach rechts erstreckt, desto moderner im soziokulturellen Sinn ist die Grundorientierung des jeweiligen Milieus.

Seit vielen Jahren ist die Landkarte der Sinus-Milieus als "Kartoffelgrafik" bekannt. Wie man sieht, ergeben zehn "Kartoffeln", eine für jedes Milieu, ein modellhaftes Abbild der sozialen Schichtung und der Wertestruktur unserer deutschen Gesellschaft in ihrer Wechselwirkung.

Eine oft hilf-reiche Zusammenfassung von Einzelmilieus kann flexibel, und abhängig von der jeweiligen Problemstellung, gehandhabt werden – z. B. Zusammenfassung der "jungen Milieus", d. h. der C-Milieus (Sinus C1 + C12 + C2 + BC23), oder der "modernen Elite-Milieus" (Sinus B1 + C1), oder der "postmateriell geprägten Milieus" (Sinus B1 + B12) etc.


Sozial gehobene Milieus

Konservativ-etabliertes Milieu 10%
Das klassische Establishment:
Verantwortungs- und Erfolgsethik; Exklusivitäts- und Führungsan-sprüche; Standesbewusstsein, Entre-nous-Abgrenzung

Liberal-intellektuelles Milieu 7%
Die aufgeklärte Bildungselite:
liberale Grundhaltung und postmaterielle Wurzeln; Wunsch nach selbstbestimmtem Leben, vielfältige intellektuelle Interessen

Milieu der Performer 7%
Die multi-optionale, effizienzorientierte Leistungselite:
global-ökonomisches Denken; Konsum- und Stil- Avantgarde; hohe IT- und Multimedia-Kompetenz

Expeditives Milieu 6%
Die ambitionierte kreative Avantgarde:
mental und geografisch mobil, online und offline vernetzt und auf der Suche nach neuen Grenzen und neuen Lösungen

Milieus der Mitte

Bürgerliche Mitte 14%
Der leistungs- und anpassungsbereite bürgerliche Mainstream:
generelle Bejahung der gesellschaftlichen Ordnung; Wunsch nach beruf-licher und sozialer Etablierung, nach gesicherten und harmonischen Verhältnissen


Adaptiv-pragmatisches Milieu 9%
Die moderne junge Mitte unserer Gesellschaft mit ausgeprägtem Lebenspragmatismus und Nutzenkalkül:
zielstrebig und kompromissbereit, hedonistisch und konventionell, flexibel und sicherheitsorientiert; starkes Bedürfnis nach Verankerung und Zugehörigkeit

Sozialökologisches Milieu 7%
Konsumkritisches /-bewusstes Milieu mit normativen Vorstellungen vom "richtigen" Leben:
ausgeprägtes ökologisches und soziales Gewissen; Globalisierungs-Skeptiker, Bannerträger von Political Correctness und Diversity

Milieus der unteren Mitte / Unterschicht

Traditionelles Milieu 15%
Die Sicherheit und Ordnung liebende Kriegs- / Nachkriegsgeneration:
verhaftet in der alten kleinbürgerlichen Welt bzw. in der traditionellen Arbeiterkultur; Sparsamkeit, Konformismus und Anpassung an die Notwendigkeiten

Prekäres Milieu 9%
Die um Orientierung und Teilhabe bemühte Unterschicht mit starken Zukunftsängsten und Ressentiments:
Häufung sozialer Benachteiligungen, geringe Aufstiegsperspektiven, reaktive Grundhaltung; bemüht, Anschluss zu halten an die Konsum-standards der breiten Mitte

Hedonistisches Milieu 15%
Die spaß- und erlebnisorientierte moderne Unterschicht / untere Mittelschicht:
Leben im Hier und Jetzt, Verweigerung von Konventionen und Verhal-tenserwartungen der Leistungsgesellschaft




Langfristige Veränderungstendenzen in unserer Gesellschaft

  • Modernisierung und Individualisierung–Öffnung des sozialen Raumes durch höhere Bildungsqualifikationen, steigende Mobilität und Kommunikation und dadurch erweiterte Entfaltungsspielräume und Wahlmöglichkeiten
  • Überforderung und Regression–Wachsende Überforderung und Verunsicherung durch den technologischen, soziokulturellen und ökonomischen Wandel, durch die Vielfalt der Möglich-keiten(Multioptionsparalyse) und die Entstandardisierungvon Lebensläufen –mit der Folge von Orientierungslosigkeit und Sinnverlust, Suche nach Entlastung, Halt und Vergewisserung (Regrounding)
  • Entgrenzungund Segregation–Durch Globalisierung und Digitalisierung getriebenes Auseinanderdriften der Lebens-und Wertewelten, sozialhierarchische Differenzierung und wachsende soziale Deklassierungsprozesse, Erosion der Mitte, Entstehen einer kosmo-politischen Elite (One-World-Bewusstsein)


Der aktuelle gesellschaftliche Wandel

  • Strukturelle Veränderungen:–Demografische Verschiebungen, Veränderungen in Sozialstruktur und Arbeits-welt, Auseinanderdriften von „oben und unten“, von Mitte und Peripherie; Wissensgesellschaft, Multimedia-Revolution, Digital Divide
  • Wertekonvergenzen und -divergenzen:–Einerseits Leistung und Effizienz, Pragmatismus und Nutzenorientierung, Multioptionalitätund Multitasking; andererseits: Regrounding, Suche nach Anker, Halt und Geborgenheit, Nachhaltigkeit und Entschleunigungsowie Neuinterpretation traditioneller Werte, neue Wertesynthesen, selektiver Idealismus
  • Soziale und kulturelle Folgen:–Entsolidarisierung, Prekarisierungvon Teilen der Unterschicht, Konvergenz-prozesseim gehobenen Segment, Modernisierung der Funktionselite, Erosion der gesellschaftlichen Mitte, Ausdifferenzierungen im modernen Segment, Network Society, SocialEthics

Die Frage ist - wie können wir nun als Gemeinde darauf reagieren?

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